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Sabine Puhlmann

Als Sängerin ist meine Kunst flüchtig. Ich liebe diese Momente des Live-Konzertes vor Publikum, es ist ein Gefühl wie im freien Fall. Ich bin immer sehr aufgeregt, aber es ist auch alles möglich, man kann und muss alles auf eine Karte setzen. Gerade diese Einmaligkeit und Unwiederholbarkeit des Augenblickes ist aber oftmals auch belastend. Vielleicht bedaure ich manches, was nicht ideal gelungen ist oder ich möchte einfach nur, dass der Moment länger andauert, um ihn länger erleben zu können. Auf manchmal geradezu schmerzhafte Weise muss man immer wieder lernen, dass nie alles vollkommen perfekt sein kann und dass alles immer endlich ist. Deswegen habe ich auf der anderen Seite auch eine große Sehnsucht in mir, etwas Bleibendes zu schaffen. Um diese Möglichkeit beneide ich manchmal bildende Künstler: Sie ringen genau wie Musiker lange und immer wieder um ihr Werk, aber dann ist es irgendwann fertig und kann betrachtet oder erlebt werden und ist sichtbar und einfach da.

Da ich keine Komponistin bin, fehlt mir beim Singen außerdem manchmal, dass ich keine ganz eigenen Werke erschaffen, sondern immer nur das singen und gestalten kann, was andere erdacht haben.

Aus diesen Gründen habe ich mich neben dem Singen der Schneiderei verschrieben. Ich genieße die Möglichkeit, etwas ganz Neues zu erschaffen, die Mischung zwischen kreativer (Entwurf), intellektueller (Schnittkonstruktion) und handwerklicher (Nähen) Arbeit. Mir macht die Arbeit mit verschiedenen Stoffen, also das haptische Erleben verschiedener Materialien, große Freude. Und ich liebe den Moment, wenn ein Kleidungsstück fertig geworden ist und man es ansehen und anfassen und vor allem anziehen und es mit Leben füllen kann.

Am 1. April 2021 hatte ich im Kunstverein die wunderbare Möglichkeit, im Livestream meine Sachen vorzustellen und mit zwei Modedesignerinnen im Gespräch zu sein. Der Moment, wenn alles hängt und die Ausstellung eröffnet wird, ist ähnlich wie beim Konzert, es geht los und man kann es nicht mehr ändern, man zeigt sein Innerstes und weiß noch nicht, wie die Leute reagieren, es ist aufregend und man fühlt sich sehr lebendig.

Dieses Erlebnis ist sehr wichtig für alle Künstler und ich möchte helfen, möglichst vielen diese Möglichkeit zu geben.